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Römische Zeit
Religion
Götterverehrung, Kult
eben dem offiziellen Fahnenheiligtum
(aedes) im
Stabsgebäude (principia) des
Kastells, das der Verehrung der
Staatsgötter und dem Kaiserkult diente, gab es eine große Anzahl eher
„privater“ Kultanlagen außerhalb der Befestigung.
Große Bedeutung erlangten vor allem zwei
Gruppen. Zum einen die Verehrung lokaler Gottheiten, meist in römisch
umgebildeter gallischer oder germanischer
Tradition, und zum zweiten die orientalischen
Mysterienkulte.
Zur ersten Gruppe gehörte die in
Niedergermanien sehr verbreitete
Matronenverehrung. Die Matronen
waren weibliche Fruchtbarkeitsgöttinnen und wurden deswegen häufig mit
gefüllten Fruchtkörben dargestellt. Darüber hinaus verlangten sie wohl ein
ganz persönliches Schutzverhältnis, was in den vielen verschiedenen
Beinamen zum Ausdruck kommt, die sich auf Orts-, Landschafts- oder
Stammesnamen beziehen können.
Zur zweiten, vor allem bei den Soldaten
beliebten Gruppe gehörten der im Ursprung
ägyptische Isis- und der persische
Mithraskult. Beides waren Kulte mit
monotheistischen Zügen, die besondere Priester und eine abgegrenzte,
eingeweihte Gemeinde (Bluttaufe) erforderten. Isis und Mithras versprachen
den Menschen Erlösung und Auferstehung durch ihr eigenes menschliches
Leiden, ähnlich dem ebenfalls orientalischen
Christentum, mit dem sie anfangs in scharfer Konkurrenz
standen.
Wichtig im Kultgeschehen war die Ansprache
der Sinne und des Gefühlslebens mit Hilfe von Musik, ekstatischen Tänzen,
Lichteffekten, Räucherwerk und berauschenden Getränken.
Die Lage der Tempel und Weihebezirke
unterschied sich dementsprechend. Während die orientalischen Kulte ihren
Platz in der Nähe von Kastell und Lagerdorf hatten - in Gellep offenbar an der Südwestseite
des Kastellhügels (siehe
Übersichtsplan) - lagen die Matronenheiligtümer, ähnlich heiligen Hainen,
oft abseits des bewohnten Gebietes.
Das nächstgelegene Heiligtum scheint
in Meerbusch-Ossum nahe Haus Gripswald bestanden zu haben. Der im Gelleper
Hafen gefundene Weihestein könnte deswegen in spätrömischer Zeit als
Baumaterial von dort verschleppt worden sein, zumal die meisten der dort
im vorigen Jahrhundert gefundenen Weihesteine ebenfalls den
octocannischen Matronen gewidmet
waren.
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Beschreibung der Funde
Raum 1
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röm. Brunnen /
Abb.
2
Sistrum
Klapperinstrument
ur
ganz gelegentlich geben einzelne
Grabbeigaben Hinweise auf die Existenz
religiöser Kulturgemeinschaften. In einem Grab des
3. Jahrhunderts (Nr. 3709), das
mit zehn Tongefäßen gängiger Form ausgestattet war, fand sich ein
Klapperinstrument, bestehend aus einem rechteckigen eisernen Rahmen
mit Handgriff
(Abb. 2)
In dem Rahmen stecken zwei eiserne Achsen, in denen je zwei durchlochte,
gewölbte Bronzescheiben so angebracht sind, dass sie sich in den Achsen
bewegen, beim Schütteln gegeneinander schlagen und dabei ein klapperndes
Geräusch erzeugen.
Im Grundsatz entspricht das Gerät einem
Sistrum, das heißt einem Instrument, die im alten Ägypten im
Isiskult Verwendung fanden. Der Kult der Göttin Isis, einer
der wichtigsten im ägyptischen Götterhimmel, Gemahlin des Osiris,
hatten schon gegen Ende des 2. Jahrhunderts v.
Chr. in Italien Fuß gefasst und verbreitete sich schnell
über das ganze Reich. Seine Anhänger waren in Mysterienvereinen
zusammengeschlossen, zu denen nur Auserwählte Zutritt hatten, sie suchten
aber andererseits auch die Öffentlichkeit in Prozessionen und Feiern. Bei
solchen könnte das Klapperinstrument verwendet worden sein, auch
wenn es in der Form von dem klassischen ägyptischen Sistrum
abweicht. Dieses besteht aus einem Griff mit oval gebogenem Metallrahmen,
in dem Drähte mit freihängend eingeschobenen Bronzeringen eingesetzt
waren. Ein genaues Gegenstück zu dem Gelleper Sistrum ist bisher
nicht bekannt geworden.
Es gibt noch einen zweiten Hinweis auf
den Isiskult vom Gelleper
Boden, nämlich die in einem Kultschacht aus dem
2. Jahrhundert im Vorgelände des Kastells gefundenen
Scheren von ungewöhnlicher Größe
(Abb. 4)
. Sie bestehen aus
Eisen und haben bronzene Bügel. Mit 40 cm Länge sind sie um ein
Vielfaches größer als die gewöhnlichen Scheren der Zeit, die zwischen
15 und 25 cm messen, und auch durch die viel aufwendigere Gestaltung
unterscheiden sie sich von diesen. Es gibt zwar in
römischer Zeit durchaus Scheren von extremer Größe, nämlich
Tuchscheren. Sie bestehen durchweg aus Eisen, haben eine Länge von 50
bis 135 cm und wurden mit beiden Händen benutzt. Es ist jedoch nicht
eine einzige Schere dieser Art bekannt, bei der der Bügel aus Bronze
gearbeitet ist. Die Gelleper Stücke sind für eine gewöhnliche
Schere zu groß, für eine Tuchschere aber zu klein. Die sehr sorgfältig
gearbeiteten kräftigen Bronzebügel machen die Scheren steif und
unhandlich, für den praktischen Gebrauch ungeeignet. Dass sie für diesen
auch gar nicht gedacht waren, dafür spricht das Vorkommen von zwei nahezu
gleichen Stücken in einem Opferschacht. Außerdem sind auf dem Bügel
einer der beiden Scheren zu beiden Seiten Büsten eingraviert
(Abb. 3) .
Eine zeigt einen pausbäckigen Knaben mit einer auffälligen Haarlocke über
der Stirn. Nun wissen wir, das im Kult der Göttin
Isis das Haaropfer von Knaben eine Rolle spielt. Bei der
zweiten Büste ist ein Füllhorn deutlich zu erkennen, das Attribut der
Fortuna. Diese wurde in den nördlichen
Provinzen des Reiches häufig mit Isis
gleichgesetzt. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass die beiden
ungewöhnlichen Geräte im Zusammenhang mit dem
Isiskult gesehen werden müssen, genau wie das zuvor behandelte
Klapperinstrument.
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