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Ein fränkisches Fürstengrab aus Krefeld-GeIIep
Nachdruck aus: Germania 42, 1964, 188—216.
Seite 1
von Renate Pirling
as große römisch-fränkische Gräberfeld von Krefeld-Gellep hat seit seiner Entdeckung durch Albert Steeger im Jahre 1936 schon des Öfteren durch außergewöhnliche Funde überrascht (1). Seit 1959 wird der Friedhof alljährlich im Sommer und Herbst systematisch weiter ergraben (2). Während der Abfassung dieses Berichts konnte das Grab Nr. 2200 aufgedeckt werden, ohne dass die Grenze der Belegung nach irgendeiner Seite hin erreicht wäre.
Im September 1962 kam inmitten einer Gruppe von Bestattungen des 6. Jahrhunderts das 1782. Grab des Friedhofes, ein Kriegergrab, zutage. dessen Ausstattung wohl erlaubt, es ohne große Bedenken als »Fürstengrab« zu bezeichnen.
Der vorliegende Bericht soll dazu dienen, die Gegenstände des überraschenden Fundes kurz bekannt zu geben. Einige Stücke harren auch heute noch der Präparierung (3) und erst wenn diese abgeschlossen ist, kann der gesamte Grabfund ausführlich vorgelegt werden.
Die Anlage des Grabes
m südlichen Teil des Friedhofes wurden im August und September 1962 auf einer 70 x 30 m großen Fläche nahezu 300 beigabenlose, West-Ost gerichtete Gräber aufgedeckt. Ende September legten wir 20 m weiter südlich noch einen 10 x 20 m großen Suchschnitt an, zunächst in der Erwartung, vielleicht die Grenze des Friedhofs nach Süden zu finden. Doch stellte sich heraus, dass die kleine Fläche dicht mit Gräbern bedeckt war, die meisten davon mit Beigaben ausgestattet, die sich dem 6. Jahrh. zuweisen ließen.
In einer Ecke des Suchschnittes lag Grab Nr. 1782, das sich schon äußerlich von den umliegenden Gräbern unterschied, Etwa 0,50 m unter der heutigen Oberfläche stießen wir auf eine Lage großer Tuffsteinbrocken von ungleicher Form und Größe, die ungefähr in der Mitte einer etwa 4 x 5 m großen Grube von zunächst noch unregelmäßiger Form aufgeschichtet waren. Die Einfüllung der Grube war stark mit Kies durchsetzt, was auf eine große Tiefe schließen ließ, da Kies an dieser Stelle erst in etwa 2,10 m Tiefe ansteht. Nach Beseitigung der Steinbrocken verfolgten wir die Grube weiter; sie nahm beim Tiefergehen immer mehr rechteckige Gestalt an. Auf der Ostseite zeichnete sich deutlich eine rechteckige 0,80 x 0,70 große Nische ab, an deren Seiten zahlreiche Eisennägel gefunden wurden. Sie reichten bis zu einer Tiefe von 1,85 m. In der eigentlichen Grabgrube stießen wir in ebenfalls ca. 1,85 m Tiefe auf einen genau
senkrecht im Boden steckenden Eisengegenstand, wie sich später herausstellte, war es ein eiserner Bratspieß (Nr. 19) (Abb. 41,4; 49). Die Grabgrube war in 2 m Tiefe noch 2.70 x 1,40 m groß, an ihren Rändern zeichneten sich Spuren von Holzbohlen ab, die beim Tiefergehen verschwanden.
Die Sohle des Grabes lag 2,80 m tief. In den vier Ecken waren kleine ungefähr quadratische Verfärbungen. ca. 10 x 10cm groß, zuerkennen, die wohl von Pfosten herrührten. Von diesen ausgehend verliefen deutlich erkennbare dunkle Spuren bogenförmig auf allen vier Seiten, wahrscheinlich Restevergangenen Holzes (Abb. 31). Nägel wurden nicht gefunden. Es muss als fraglich gelten, ob der Tote in einem Sarg beigesetzt wurde.
Das Grab war vollkommen ungestört. Über die genaue Lage der Beigaben unterrichtet (Abb. 32).
Die Beigaben
achfolgend werden die Beigaben nach ihrem einstigen Verwendungszweck in Gruppen geordnet aufgeführt und beschrieben. Die dabei angewendete Nummerierung entspricht der auf der Lageskizze (Abb. 32).
Münze
1. Goldmünze
uf der westlichen Grabseite lag eine Goldmünze, die vermutlich nach damaliger Sitte dem Toten in den Mund gelegt worden war. Es ist eine barbarische Nachprägung nach einem Solidus, des Anastasius 1. (491 — 518). Münzstätte: (?); Gewicht: 4,338 g; Durchmesser: 1,95 cm. Vorderseite: Brustbild von vorn mit Helm und Diadem und geschulterter Lanze. Rückseite: Stehende Viktoria, in der Rechten Kreuzstab, rechts Stern.
Die Umschrift weist zahlreiche Fehler und völlig sinnlose Buchstaben auf. Es handelt sich mit ziemlicher Sicherheit um eine fränkische Nachprägung. Die Münze zeigt keinerlei Abnutzungsspuren.
Schmuck
2. Fingerring (Abb. 33).
ngefähr in der Mitte der nördlichen Grabseite lag ein goldener Fingerring mit Chalzedongemme, den der Tote also vermutlich an der linken Hand getragen hatte.
Der Ring besteht aus einem 7 mm breiten bandförmigen Reif aus massivem Gold, der sich zur Vorderseite hin auf 10 mm verbreiten. Die runde Gemme ist 5 mm erhöht angebracht. Den Ansatz der Fassung umgibt ein geperlter Golddraht. Zu beiden Seiten der Fassung ist eine aus sehr feinem Filigran in Volutenform bestehende Verzierung aufgesetzt, die Mitte der Voluten bildet je ein Goldkügelchen. Zwischen den Voluten befinden sich Bogenschleifen, in deren Mitte Ring filigran. Die Seiten der erhöhten Fassung der Gemme sind ebenfalls mit feinstem Filigran in Bogen- und Ringform bedeckt. Die Gemme besteht aus einem aus zwei Lagen zusammengesetzten Chalzedon, die obere Lage ist lavendel-, die untere dunkelblau. Aus der lavendelblauen Schicht sind zwei menschliche Figuren ausgeschnitten. Die rechte
bläst auf einer Flöte, die linke hält einen nicht näher zu bestimmenden länglichen Gegenstand in der Hand (5).
3. Beschläge (Abb. 34).
wei längliche Beschläge aus Gold mit Almandienen und grünem Glasfluss besetzt, lagen in der Gegend der Oberschenkel des Toten, und zwar in Längsrichtung, d.h. mit den Langseiten ungefähr parallel zu denen der Grabgrube (Abb. 31).
Die Beschläge bestehen aus einem ungefähr D-förmigen, an einer Seite verbreiterten Gerüst, in das ringsum auf gewaffelter Goldfolie eine Reihe fünfeckiger plangeschliftener Almandine eingesetzt wurde, und zwar so, dass die Außenkante glatt, die Innenkante gezackt erscheint. In den Ecken sind je zweimal kleeblattförmige, je einmal dreieckige Einlagen aus grünem Glasfluss eingefügt. Die Beschläge sind 22,3 bzw. 21,5 cm lang und maximal 7,7 bzw. 7,5 cm breit, die innere Breite beträgt maximal 6,0 bzw. 5.8 cm.
Auf der Rückseite waren jeweils Gruppen von 7,8 oder 9 Zellen mit einer organischen Masse ausgefüllt, von der sich winzige Reste erhalten haben. Dazwischen befinden sich in nicht ganz regelmäßigen Abständen mit einer Goldfolie bedeckte Zellen, die jeweils in der Mitte etwa 2 mm lange Goldstifte tragen, mittels derer die Beschläge befestigt waren. Eine chemische Untersuchung kleiner Reste, die diesen Stiften anhafteten, ergab, dass die Beschläge einst auf Leder angebracht waren.
Der Verwendungszweck der beiden Beschläge ist unklar. Die einzige Parallele bilden die in äußerer Form und Größe ungefähr entsprechenden, freilich sehr viel prächtiger verzierten Beschläge vom sogenannten »Harnisch des Theoderich« aus Ravenna (6), deren einstiger Zweck jedoch gleichfalls unbestimmt ist.
Joachim Werner deutete die Stücke als Beschläge eines hölzernen, mit Leder bezogenen Sattels, der über den Toten gelegt wurde. Die Beschläge wären dann auf der Vorderseite des Sattels angebracht zu denken. Von allen Möglichkeiten erscheint vorläufig diese am wahrscheinlichsten, Allerdings wird sie durch die Lage der beiden Beschläge in situ (beide mit den Schauseiten nach oben, ungefähr parallel, die abgeflachten Enden jeweils nach außen (vgl. Abb. 31 und 32) nicht gestützt.
Bestandteile des Pferdegeschirrs
(Abb. 35 bis 39, vgl. auch Abb. 32)
in vollständiges Zaumzeug, bestehend aus zwei Knebeltrensen (Nr. 4), zwei Riemenverteilern (Nr. 5), neun Beschlagplättchen (Nr. 6), vier Riemenzungen (Nr. 7) und zwei kleinere schnallen (Nr. 8) lag rechts neben dem Kopf des Toten. Darauf war der Helm (Nr. 16), mit der Spitze nach unten, niedergelegt worden (7). |
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